Einführung in die geologischen Zonen Österreichs

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Österreich besteht geologisch aus drei großen Teilen:

Alpen

Die Alpen sind ein Falten- und Deckengebirge, das durch den Aufprall Afrikas auf N-Europa entstanden ist. Dieser Aufprall geht natürlich langsam vor sich, begann bereits im Oberjura (ca. vor 150 Mio.J.) und dauert noch heute an. Dabei werden die Schichten eines Meeresbeckens ("Tethys"), die seit dem Perm (250 Mio.J.) abgelagert wurden, verfaltet und wie Decken übereinandergestapelt und zwar so, daß die ursprünglich jeweils südlich liegenden über die nördlichen Teile geschoben werden.

Auf diese Weise gelangte der südlichste Teil, der oberostalpine Deckenstapel, zu oberst, darunter der mittelostalpine und unterostalpine. Die ostalpinen Decken sind über das Penninikum gefahren, das während des Jura vom Ostalpin durch einen Ozeanboden mit einer zentralozeanischen Schwelle wie heute im Atlantik getrennt war. Dieser Ozeanboden wurde beinahe zur Gänze in die Tiefe gedrückt ("subduziert"), es blieben nur Reste in der Bündnerschieferformation als Prasinite übrig (z.B.Großglockner).

Das Penninikum überfuhr seinerseits das Helvetikum, das den Übergang zum Autochthon der nördlichen Grundgebirge (Böhmische Masse, Schwarzwald, Vogesen) darstellt.

Geologie der Nordalpen in Österreich (Profil und interaktive Karte)

Im Bereich der Ostalpen wurde das Ostalpin bis fast an den Alpennordrand geschoben und bedeckt deshalb den größten Teil der Ostalpen (daher der Name). Ausnahmen bilden nur geologische Fenster wie das Tauern- und Rechnitzer Fenster (Penninikum). Das Helvetikum wird in Österreich nur in geringem Maße repräsentiert und herrscht eher in der Schweiz vor (daher der Name), wo das Ostalpin fast zur Gänze bereits wegerodiert wurde (Ausnahme: Dent Blanche - Matterhorn). Dort hat auch das Penninikum größere Verbreitung (südlich der Linie Rhonetal - Oberrhein - Chur).

Der jüngere Teil des Ostalpins besteht aus Kalksteinen und Dolomitsteinen des Mesozoikums (230-65 Mio.J.), die einerseits die nördlichen Kalkalpen (nördlich der Linie Bludenz - Arlberg- Innsbruck - St.Johann - Bischofshofen - Liezen - Semmering), andererseits, als "liegengebliebene" Teile, die südlichen Kalkalpen (Drauzug, nördliche Karawanken; nicht verwechseln mit Südalpen!) aufbauen. Eine kleine Serie liegt auch in den Nockbergen.

Darunter liegen geringmetamorphe (kaledonisch bis variszisch gefaltete) Schiefer, Phyllite und Kalke des Paläozoikums (600-230 Mio.J.). Es gibt einen Streifen unmittelbar südlich der nördlichen Kalkalpen (die sog. Grauwackenzone), weiters das Grazer Paläozoikum und das Murauer bzw. Gurktaler Paläozoikum.

Die Basis bilden Gneise und Glimmerschiefer, die meist kaledonisch und variszisch gefaltet wurden, allerdings mit höherem Metamorphosegrad (Amphibolitfazies). Diese bilden z.B. die Silvretta, die Ötztaler und W-Stubaier Alpen, die Defregger Alpen, Schober- und Kreuzeckgruppe, die Niederen Tauern und die Randgebirge im Osten (Saualpe, Kor-, Pack-, Stub-, Gleinalpe: Mittelostalpin, Wechselgebiet, Fischbacher Alpen: Unterostalpin).

Das Penninikum besteht aus dem "Alten Dach" (präkambrisch und kambrisch - älter als 500 Mio.J.), in das vermutlich im Karbon Granite intrudiert sind, die altalpidisch metamorph wurden und nun den Zentralgneis repräsentieren (FUCHS ordnet beide dem Helvetikum zu und vergleicht sie damit mit dem Aare- und Gotthardkern!); weiters aus der Habachformation (Altpaläozoikum), Triasablagerungen und Bündner Schiefern aus dem Jura (Kalkphyllite mit Einschaltungen von Prasinit). Die jüngsten Ablagerungen stammen aus der Kreide bzw. stellenweise Alttertiär. Sie stellen Sedimente eines Tiefseegrabens dar, der durch die Aufschiebung des Oberostalpins entstand. Später wurden sie vom eigentlichen Penninikum abgequetscht und sind nördlich des Oberostalpins als Flyschzone erhalten geblieben.

Das Helvetikum wird in Österreich nur durch eine schmale Zone am Alpennordrand vertreten, die z.T. mit der Flyschzone verschuppt ist. Sie besteht aus Sandsteinen, Schiefertonen und Kalken.

Hier ist eine Liste der (vielleicht überraschend) höchsten Gipfel jeder Einheit:

Einheit:ÖsterreichSchweizDeutschlandItalien
Aufgefaltete Molasse:Hirschberg 1095m
ENE Bregenz
Napf 1411m
Emmental
Änger 1125m
W Kempten
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Subalpine Molasse:Rohne Höhe 1639m
ENE Hittisau
Speer 1954m
N Glarus
Rindalphorn 1822m
SW Immenstadt
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Helvetikum i.e.S.:Hochifen 2232m
NW Mittelberg (Kl.Walsertal)
Gr.Schärhorn 3295m
SE Altdorf
Hochifen 2232m
NW Mittelberg (Kl.Walsertal)
-----
Zentralmassive:??Großvenediger 3674m
(siehe Penn./akrist.)
Finsteraarhorn 4274m
SSE Grindelwald
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Flyschzone:Glatthorn 2134m
NE Bludenz
? W von Sarnen ?Fellhorn 2038m
SW Oberstdorf
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Penninikum i.e.S., mesoz.:Großglockner 3798m
N Lienz
Gr.Combin 4314m
SW Martigny
-----Breithorn 4164m
NNE Châtillon
Penninikum i.e.S., altkrist.:Großvenediger 3674m
SW Mittersill
Mt.Rosa 4634m
SE Zermatt
-----Mt.Rosa 4618m
WSW Domodóssola
Unterostalpin:Weißeck 2711m
W Tamsweg
Weißhorn 4505m
NW Zermatt
(Schürflinge?)Mt.Cervino 4478m
N Châtillon
Mittelostalpin, mesoz.:Pfl.Tribulaun 3097m
S Gschnitz/Brenner
P.Ela 3338m
SE Tiefencastel
?Liechelkopf 2384m
SW Oberstdorf
Ortler 3905m
WSW Meran
Mittelostalpin, altkrist.:Wildsp. 3768m
SW Sölden
P.Kesch 3417m
N St.Moritz
-----Mt.Cevedale 3764m
SW Meran
Oberostalpin, mesoz.:Parseiersp. 3036m
W Landeck
Schesaplana 2967m
NE Landquart
Zugsp. 2968m
SW Garmisch
-----
Oberostalpin, paläoz.:Eisenhut 2441m
NE Turrach
----------Grubenkopf 2337m
N Sterzing
Südalpin mesoz.:Hochstuhl 2237m
SW Ferlach
Mt.Generoso 1702m
SE Lugano
-----Marmolada 3342m
E Bozen
Südalpin paläoz.:Hohe Warte 2780m
SW Kötschach-Mauthen
?-----?
Südalpin krist.:-----Camoghè 2226m
S Bellinzona
-----Presanella 3564m
NW Trento

Beachte: Die Zugehörigkeit bzw. Parallelisierung mancher Einheiten ist umstritten
(z.B. Allgäu-, Ternberger-, Frankenfelserdecke = Mittelostalpin (FUCHS)?
Altkristallin der Hohen Tauern = Helvetikum bzw. Zentralmassiv (FUCHS)?
diverse Schürflingszonen zwischen MOA. und Penn. = UOA oder S-Penn.(Matreier Zone, Lizumer Reckner)?)

Molassezone und Tertiärbecken

Nach der Aufschiebung des Oberostalpins auf die von ihm geschütteten Grabensedimente (die Flyschzone) wurde nördlich davon eine weitere Tiefseerinne erzeugt, die durch Sedimente aus der einsetzenden Erosion der sich isostatisch seit dem Mitteltertiär hebenden Alpen aufgefüllt wurde. Dieses Becken wird Molassezone (siehe Etymologie) genannt. Je näher die Schichten sich zum Alpennordrand befinden, umso stärker sind sie gestört, ja sogar gefaltet worden (Bregenzer Wald, N Wienerwald Buchberg bei Neulengbach: "Subalpine Molasse"). Vorerst erstreckte sich vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer ein Ozean (die Paratethys), der jedoch von W nach E verlandete. In NÖ sind die Schichten des Baden noch marin, das Sarmat bereits brackisch und das Pannon limnisch. Damals herrschte in diesem Gebiet noch warmes Klima vor, man kann Riffe (Leithakalk) und Fossilien von Haien und Seekühen (Eggenburg) finden. Die Sande der Molasse fungieren teilweise als Speichergesteine für aus den liegenden autochthonen Kalken (Mesozoikum) hochgestiegenes Erdöl und Erdgas. Daher finden sich hier (für österreichische Verhältnisse) beträchtliche Erdöl- und Ergaslagerstätten (Hausruck, Weinviertel).

Böhmische Masse

Die Böhmische Masse ist ein altes Gebirgsmassiv, das seit dem Paläozoikum Mitteleuropa dominiert. Es erlitt Deformationen und Metamorphosen während der kaledonischen Gebirgsbildung und durch die variszische Gebirgsbildung, die im Verschweißen mehrerer Kontinente als Superkontinent Pangäa gipfelte. Sie liegt am Ostende einer (durch die Öffnung des Atlantiks später zerrissenen) Gebirgskette, die von den Appallachen über Ostkanada nach N-Spanien, in die Bretagne, S-Irland, S-GB und schließlich über das Massif Central nach Mitteldeutschland und Böhmen führte. Dieses Gebirge könnte durchaus die Dimensionen des heutigen Himalaya gehabt haben. Ein Zeuge dieser Gebirgsbildung ist die Überschiebung des Moldanubikums (Mühlviertel, Waldviertel) auf das Moravikum (E-Waldviertel). Die Deckengrenze läßt sich, besonders am Satellitenbild, besonders schön von Krems über den Manhartsberg, um Horn nach W herumbiegend und schließlich wieder nach NE streichend verfolgen. Auf diese Weise wurde das Moravikum tief subduziert und schließlich aufgeschmolzen. Die Schmelzen stiegen in die Höhe und erstarrten als riesige Plutone wie dem Weinsberger Granitpluton.

Durch die Kollision Afrikas im Tertiär wurde die Böhmische Masse zwar nicht mehr verfaltet, aber sie wurde durch Bruchschollentektonik zerlegt und gehoben (Verlauf des Donautales).


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Datum der letzten Änderung: 3. Apr. 2006